Am 5. Februar 2003 war Schwester Maureen Langton aus Chicago bei der Jahreskonferenz der Deutschen katholischen Gehörlosenseelsorge in Ludwigshafen zu Gast. Sie berichtete vom „MFP – Ministry Formation Program“, das sie vor einigen Jahren in Chicago gegründet hatte. Es war eine Ausbildung, die taube Frauen und Männer für die Seelsorge qualifizierte. Sie selbst ist taub, Lehrerin und hat später Gebärdensprache in Gallaudet studiert. Sie hat einige Jahre als Gehörlosenseelsorgerin gearbeitet.
Die damaligen Gehörlosenseelsorger*innen waren einerseits begeistert: „Großartige, gehörlose Menschen übernehmen selbst Verantwortung und haben ein anspruchsvolles Ausbildungsprogramm“. Andererseits hatten sie Zweifel: „Das klappt in Deutschland niemals!“ Schwester Maureen und Josef Rothkopf im Gespräch.
Unten: Ralf Schmitz übersetzt Englisch in Deutsche Lautsprache, Maita Hepp übersetzt weiter in Deutsche Gebärdensprache.
Dann passierte lange nichts. Diakon Josef Rothkopf forderte immer wieder, dass es taube Seelsorger*innen geben soll. Kein Erfolg! Die Kraft der katholischen gebärden-sprachlichen Seelsorge in Deutschland ließ nach – aus vielen Gründen.
Einige Bistümer wollten dagegen etwas unternehmen und arbeiteten zusammen. München und Freising sorgte für die Schriftlesungen in DGS, Münster organisierte die „Feier von Wortgottesdiensten“ mit gebärdensprachlichen Gottesdienstleiter*innen. Trier und München gründeten die Website www.taub-und-katholisch.de, bei der einige andere Bistümer mitmachen.Und in einigen Bistümern wurden taube Menschen als Mitarbeiter*innen in der Seelsorge angestellt, teilweise in der Verwaltung, teilweise auch für pädagogischen und seelsorgerische Aufgaben.
Bei einem Gespräch waren sich Angelika Sterr und Ralf Schmitz einig: wenn wir in ein paar Jahren in den Ruhestand gehen, wollen wir taube Nachfolger*innen in der Gebärdensprachlichen Seelsorge.
(Bilder: Flyer des neuen Ausbildungsprogramms in den USA).
Und auf einmal gingen Türen auf und alle Ampeln standen auf grün:
Schwester Judith Beule (jetzt Paderborn) und Daniel Beinhoff (Trier) sagten: „Wir brauchen eine gebärdensprachliche Ausbildung für die Seelsorge“. Professor Joachim Theis und sein Assistent Florian Kunz von Theolgischen Fakultät Trier sagten: „Tolle Idee, wir sind dabei!“ Dr. Ian Robertson vom MFP in den USA sagte: „Ich helfe euch, wo Ihr mich baucht!“ Pfr. Andreas Konrath von der DAfEG (Evangelische Gehörlosenseelsorge) sagte: „Genauso etwas wollen wir auch starten, da können wir gut zusammen arbeiten“. Der Verband der Kath. Gehörlosen Deutschlands macht auch mit. Im Augenblick sind wir im Gespräch mit einem Institut, das die Trägerschaft für die Ausbildung übernimmt. Wir versuchen auch zu klären, wie diese Ausbildung als Berufsqualifikation anerkannt werden kann.
Das ist geplant:
Die Ausbildung beginnt im Herbst 2023 und endet im Sommer 2025, das heißt: sie dauert 2 Jahre.
6 – 8 Personen können mitmachen.
Die Umgangssprache ist die Deutsche Gebärdensprache.
Die Lerntreffen sind ONLINE.
Es soll 15 Lerntreffen geben, jeweils am Freitagabend+Samstagmorgen
Die Lernpartner*innen (so ähnlich wie Dozent*innen) sind Fachleute aus der Gehörlosenkultur, aus der Praktischen Theologie und aus den Bibelwissenschaften. Einige sind taub, andere nutzen Gebärdensprachdolmetschen. Einige taube Fachleute aus den USA werden mitmachen – mit Internationalenm Gebärdensprachdolmetschen.
Mentor*innen sollen die Teilnehmenden vor Ort begleiten und praktische Erfahrungen ermöglichen.
Geistliche Begleitung soll helfen, das Gelernte in die eigene Persönlichkeit und in den eigenen Glauben aufzunehmen.
Am Schluss steht ein praktisches Experiment – und ein Abschlusswochenende.
Die bisherigen Ideen stellen wir bei der Spartentagung der Hörgeschädigtenseelsorge am 20. September 2022 (online) vor. In Kürze wird es einen neuen Button „Ausbildung“ auf der Website www.taub-und-katholisch.de geben.
Jetzt kommt die große Frage:
Gibt es 8 taube Personen im deutschsprachigen Raum, die diese Ausbildung machen wollen? 4-5 Interessierte gibt es schon. Wer Interesse oder Fragen hat, kann sich jetzt schon bei mir melden: Ralf.Schmitz@kgg-trier.de
Es ist sicher die erste und letzte Chance für die katholische gebärdensprachliche Seelsorge im deutschsprachigen Raum. Aber so, wie alles in den letzten Monaten gelaufen ist, glaube ich: Ihr/Wir schaffen das – mit Gottes Hilfe!