Was denkt die KGG über „Honorare für Gebärdensprach-Dolmetschen“?

 

1. Seit ihrer Gründung im Dezember 2000 setzt sich die KGG für die Anerkennung der Gebärdensprache in Rheinland-Pfalz und für qualifiziertes Gebärdensprach-Dolmetschen ein.

 

2. Die KGG hat zusammen mit anderen für die Einrichtung des Gebärdensprach-Dolmetsch-Dienst Trier gekämpft, in der Trägerschaft des Caritasverbandes Trier. Er wurde 2003 gegründet. Seitdem arbeiten wir gut zusammen.

3. Die KGG will eine gerechte Bezahlung für qualifizierte Gebärdensprach-Dolmetscher/innen und eine regelmäßige Anpassung der Honorare, so wie für alle anderen Beschäftigten auch. Sie ist bereit, selbst auch die Honorare für das Gebärdensprach-Dolmetschen zu erhöhen.

4. Das JVEG (Justizvergütungs- und entschädigungsgesetz § 9 mit Wirkung vom 01.08.2013) bestimmt das Honorar für Simultan-Gebärdensprach-Dolmetschen vor Gericht mit 75,00 €/Stunde.

5. Viele Gebärdensprach-Dolmetscher/innen und ihre Organisationen fordern seitdem eine allgemeine Erhöhung der Honorare auf 75 €, egal  welche Angelegenheit und egal, wer der Kostenträger ist, egal wie das Umfeld und wie die wirtschaftliche Situation ist. (Bei anderen Dienstleistungen ist das anders: Bestimmte Dienstleistungen sind in München und Hamburg teurer als in Trier.)

6. Einer grundsätzlichen Erhöhung von 55 auf 75 €/Stunde können wir nicht zustimmen. Das wäre in einem Jahr eine Erhöhung von über 34 %. Eine solche Steigerung passt nicht in unsere soziale Landschaft.
Das haben schon verschiedene einzelne Dolmetscher/innen, betroffene Kund/innen und Dienste der Öffentlichkeit mitgeteilt.
(Z. B. hier der Artikel von Thomas Mitterhuber „Mehr Dolmis braucht das Land“ und das Interview mit Marion Jokisch „Einheitspreise sind nicht zulässig“ in der Deutschen Gehörlosen-Zeitung vom Dezember 2013,).

7. Wir befürchten, dass diese allgemeine starke Erhöhung der Kosten für die Teilhabe von gehörlosen Menschen an allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens schadet.
Viele Kostenträger können oder wollen das Honorar nicht bezahlen,  Privatpersonen schon gar nicht. Dann fallen wir in Zeiten vor 2003 zurück: unqualifizierte Übersetzer/innen werden statt qualifizierter Dolmetscher/innen eingesetzt. In einigen Situationen wird es für gehörlosen Menschen keine Teilhabe durch Dolmetschen mehr geben.

8. Durch eine Verringerung der Aufträge wird sich die Versorgung mit qualifizierten Gebärdensprachdolmetscher/innen gerade im ländlichen Raum verschlechtern. Freie Dolmetscher/innen werden nicht mehr genügend Aufträge erhalten. Sie werden in andere Räume abwandern. Dolmetschdienste werden schließen müssen, wennnichtmehr genügend Aufträge vorliegen.

9. Es gibt nur wenige Dolmetscher/innen im ländlichen Raum. Sie haben oft ein „Monopol“ – das heißt: es gibt keine bezahlbaren Alternativen. Wenn Dolmetscher/innen dieses Monopol ausnutzen, schden sie ihrem Berufsbild.

10.Wir wollen einen Diskussionsvorschlag zur flexiblen Gestaltung von Dolmetsch-Honoraren machen. Unser Vorschlag bezieht sich auf unseren Raum, das Bistum Trier (nördliches Rheinland-Pfalz und der größere Teil des Saarlandes).
Das Honorar für Gebärdensprach-Dolmetschen wird differenziert, das heißt: es gibt unterschiedliche Honorare für unterschiedliche Leistungen und unterschiedliche Kostenträger.

Wir denken an verschiedene Kategorien (Stufen):

1. Leistungen nach gesetzlichen Vorgaben (z. B. JVEG)

2. Leisunten, die von großen bundesweiten Trägern übernommen werden (Krankenversicherungen, Krankenkassen, Rentenversicherung, Agentur für Arbeit usw.)

3. Leistungen nach Rahmen-Verhandlungen mit der „Öffentlichen Hand“ (Land, Kommunen) oder größeren regionalen Trägern (z.B. Bistum Trier, Beratungsstellen, Kindertageseinrichtungen, Schulen) 

4. Leistungen für kleinere gemeinnützige Organisationen, Betroffenenverbände, (wie zum Beispiel die Katholische Gehörlosengemeinde)

5.  Leistungen im Rahmen von Geschäften(Kauf von Haus, Auto, Bankgeschäfte, Rechtsanwalt, Steuerberater – da, wo ein anderer durch Dolmetschleistung Einnahmen hat, wo der gehörlose Mensch „Kunde“ ist). Hier muss noch viel gekämpft werden für Kostenübernahme durch Geschäftspartner!!!

6. Leistungen für den Bereich der privaten Teilhabe, für die es keinen Kostenträger gibt (z. B. Familienfeier, Familienangelegenheiten („Streit“), Hochzeitsfeier, Vereinsmitgliedschaft, Bildungsangebote).

7. Leistungen in Notsituationen

Dabei sollten sich die Honorare für die Leistungen der Punkte 1 bis 6 zwischen 75 € und 55 € bewegen.
Für Notsituationen (Punkt 7) aus unserem Bereich sind wir bereit, die Betroffenen zu unterstützen und uns an die Finanzierung der Differenz zum Mindestbetrag zu beteiligen.

11. Wir werben bei den Dolmetscher/innen und Diensten, mit denen wir zusammenarbeiten um Unterstützung für unseren Vorschlag und um entsprechende Vereinbarungen.

12. Mit allen Betroffenen zusammen setzen wir uns für eine stärkere Übernahme von Dolmetschkosten durch öffentliche und private Kostenträger ein, um mehr Teilhabe für gehörlosen Menschen zu ermöglichen.

Trier, 19.02.2014
Leitungsteam Arbeitskreis Politik – Soziales – Bildung der KGG

Trier, 29.03.2014
Arbeitskreis Gebärdensprache der KGG

11 Gedanken zu “Was denkt die KGG über „Honorare für Gebärdensprach-Dolmetschen“?

  1. Finde sehr unfair, dass wir Gehörlosen, die viele als ehrenamtlich arbeiten, um Gebärdensprache-Anerkennung kämpften, dann bekam wir Erfolg, damit viele Gebärdensprachdolmetscher vermehrt wurde. Und jetzt verlangen GSD höhere Stundenkosten. Keine Respekt an Gehörlosen!!! Ich finde das sehr große Imageschaden!!!!

  2. Hallo,
    meiner Meinung nach sollte der Stundensatz nicht nur abhängig von der Art des Einsatzes sein (Dolmetschen vor Gericht ist wesentlich anspruchsvoller als die Verdolmetschung eines Informationsabends im Kindergarten und benötigt eigentlich nochmals eine zusätzliche Qualifikation, die den Dolmetscher ja auch Geld kostet. Ich finde es gerechtfertigt, wenn da Unterschiede gemacht werden).
    Wichtig ist aber auch die Qualifikation des Dolmetschers: Staatlich geprüfte Dolmetscher oder Dolmetscher mit Diplom oder einem vergleichbaren Abschluss mussten ihr Können, ihr Wissen und ihre Fertigkeiten während des Studiums bzw. bei der staatlichen Prüfung unter Beweis stellen. Und gute Qualität darf meiner Meinung nach ihren Preis haben. Schließlich haben diese Dolmetscher in ihre Qualifikation investiert und verdienen dann damit auch ihren Lebensunterhalt.
    Das Problem ist aber dabei folgendes: Wenn nur die hochqualifizierten, geprüften Dolmetscher den hohen Stundensatz verlangen, werden natürlich sämtliche Kostenträger versuchen, auf günstigere – und somit wahrscheinlich nicht so gut qualifizierte! – Dolmetscher oder Kommunikationsassistenten zurückzugreifen. Am Ende sind die Kunden (egal ob gl oder h) und der gut qualifizierte Dolmetscher die Verlierer bei dieser Geschichte.
    Vielleicht wäre es daher sinnvoll, sich darauf zu einigen, welche Aufträge nur von hoch qualifizierten Dolmetschern angenommen werden dürfen (die dann auch dementsprechend sehr gut bezahlt sind), welche Aufträge auch von weniger qualifizierten (aber zumindest zertifizierten) Dolmetschern und welche evtl. von zertifizierten Kommunikationsassistenten angenommen werden können, die dann je weniger Stundensatz erhalten abhängig von ihrer Qualifikation.
    Zudem müssten die hoch qualifizierten Dolmetscher bei jedem Auftrag zuerst angefragt werden, so dass sie entscheiden können, ob sie den „nicht so gut“ bezahlten Auftrag annehmen möchten oder nicht.
    Das sind die Gedanken, die ich mir dazu gemacht habe.
    Sicherlich gibt es auch bei diesem Modell Probleme und Schwachstellen und ich kenne mich vielleicht auch noch zu wenig aus, um da ernsthaft mitdiskutieren zu können. Dieses Thema ist nicht einfach, deshalb kann es auch keine einfache Lösung dafür geben. Ein Vorteil an diesem Modell wäre aber, dass für niedriger qualifizierte Dolmetscher (oder Kommunikationsassistenten) Anreize geschaffen würden, sich weiter zu qualifizieren, langfristig würde das also vielleicht zur einer besseren Qualifizierung im Berufsfeld führen. Davon hätten dann wiederum alle was.
    Viele Grüße von Elena

  3. Vielen Dank für Eure Arbeit und Eure Suche nach guten Lösungen.
    Gut ist die Auflistung der unterschiedlichen Situationen. Sie zeigt: man muss unterscheiden und genau hinschauen, damit allen Seiten „geholfen2 ist.
    Die Lösungsvorschläge von Elena halte ich auf den ersten Blick für gut, wenn sich alle daran halten, dass zuerst die qualifizierten Dolmis angefragt werden. Wie ist das aber zu überprüfen?
    Viele Grüße aus Freiburg

  4. Liebe Leser der Veröffentlichung,

    ich habe das Gefühl das der Artikel, und die Antworten, gerade Äpfel mit Birnen verwechselt.

    Das Bistum Trier wünscht Verhandlungen mit den Dolmetscher-innen in Rheinland-Pfalz für Aufträge für das Bistum Trier – kath. Kirche. Dagegen ist nichts einzuwenden.

    Statt sich aber an die Dolmetscher-innen zu wenden wird ein Artikel veröffentlich der die gesetzlichen Rahmenbedingungen – samt Hintergrund – nicht berücksichtigt. Nicht die Dolmetscher-innen haben ihr Honorar erhöht, es war unser Bundespräsident Herr Joachim Gauck mit seiner Unterschrift unter dem Gesetz. Ein Gesetz dem alle 16 Bundesländer zustimmten. Ein Gesetz das bis mindestens 2024 gültig ist.

    Somit: Bitte nicht Äpfel (Bistum Trier – kath. Kirche) mit Birnen (Gesetz) verwechseln.

    Viele Grüße

    • Hallo! Zu den „Äpfeln“ und den „Birnen“: Also die „Äpfel“ sind die Dolmetschleistungen für Kirchliche Einsätze – gut. Die wollen wir selbst verhandeln, auf einem niedrigeren Niveau. Stimmt. Die Gründe haben wir aufgeschrieben. Denen kann man zustimmen – oder nicht. Klar. Und wenn wir keine Dolmetscher finden, sitzen wir auf dem Trockenen. So ist das in der Marktwirtschaft. Die „Birnen“ sind die Leistungen nach dem JVEG, also dem Gesetz, das der Bundespräsident unterschrieben hat. – Gut. Genauso steht es im Artikel. Die „Birnen“ beziehen sich NUR und AUSSCHLIESSLICH auf Leistungen vor Gericht. Das steht auch genauso im Artikel. Wo ist also der Fehler?
      Die Landesdolmetscherzentrale Rheinland-Pfalz hat uns im August 2013 mitgeteilt, dass ab jetzt ALLE Dolmetschleistungen zum neuen Preis des „Gerichtsdolmetschens“ angeboten werden. Das hat der Bundespräsident nicht unterschrieben. Dafür gibt es keinen gesetzlichen Hintergrund und keine Grundlage. Werden da nicht „Birnen“ mit „Pflaumen“ verwechselt?
      In dem Artikel sagen wir: Es gibt viele verschiedene Leistungen – man kann sie nach „Kostenträgern“ sortieren, oder nach „Schwierigkeitsgrad/Niveau“, oder nach „Ausbildung“ wie ein Kommentar vorschlägt, oder nach „Spontaneinsätze/Einsätze mit großer inhaltlicher Vorbereitung“ Oder oder oder….
      Wir als Gehörlosengemeinde wollen uns dafür einsetzen, dass Dolmstscheinsätze bezahlbar bleiben, für die es keinen Öffentlichen Kostenträger gibt. Wir wollen sogar Unterstützung leisten, damit sich gehörlose Menschen einen Dolmetscher für wichtige private Anlässe leisten können, wenn niemand die Kosten übernimmt. Wir freuen uns mit den Dolmetschern, dass bestimmte hochkomplizierte Leistungen angemessen vergütet werden (Leistungen vor Gericht, im medizinischen Bereich….) Die anderen Einsätze regelt leider kein Gesetz – und der Bundespräsident sagt schon gar nicht, wer für die Kosten aufkommt. Wir kämpfen in verschiedenen Bereichen mit den Betroffenen für weitere Kostenübernahmen (z. B. im Bereich „Schule“). Es ist also ganz schön kompliziert im „Obstgarten“…. Freundliche Grüße.

  5. Nach meiner Meinung ist Dolmetscher-Honorar überhöht, vor allem für Privatpersonen. In Mainz gibt es nur eine qualifizerte Dolmetscherin. Die meisten Gehörlosen, die privaten Probleme haben, wenden nicht an solche Dolmetscher, sondern lassen sich von ihren Angehörigen verdolmetschen, schon aus Kostengründen. Oder lassen sie sich von der evang. Seelsorge (Pfarrerin, oft kostenlos) dolmetschen. Es muss deshalb ein Mittelweg für Honorar gefunden werden, damit alle Gehörlosen teilhaben können.
    Nur so werden sie mit Aufträgen versorgt.

  6. Ich schicke erstmal ein Hallo an alle, denn wen ich ansprechen soll ? – eigentlich alle.

    Mit Interesse verfolge ich den Link und durch den letzten Eintrag fühle ich mich angesprochen. Ich bin nunmal die einzige Dolmetscherin in Mainz. Das sich unser Honorar für Privatpersonen zum Teil recht hoch anfühlt kann ich nachvollziehen, allerdings ist der Privatbereich recht eng gesteckt: Anwalt bei eigener Klage, Notar, private Gechäfte, Kirche . .. für alle anderen Anlässe gibt es zu 95 % Kostenträger. Etwas was die wenigsten wissen, bzw. die notwendigen Anträge stellen. Hier Bedarf es der Arbeit !

    Zum Artikel „Äpfel“ und „Birnen“: Nein, das JVEG ist nicht NUR und AUSSCHLIESSLICH für Leistungen vor Gericht. Bereits 2006 hat das BMI (Bundesministerium des Inneren) angeordnet das alle Reha-Träger der Sozialgesetzbücher verpflichtet sind Gebärdensprachdolmetscher nach JVEG zu honorieren. Beginnend mit §17 SGB I über …. bis § 54 SGB XII. Es gibt also die gesetzliche Grundlage nach der die Dolmetscher abrechnen.
    Das unser Honorar seid 2004 stagnierte und dies wieder bis mindestens 2024 tut wissen ebenfalls die wenigsten. Somit können alle ganz beruhigt sein: Bis mindestens 2024 tut sich nichts mehr.

    Ferner habe ich eine persönliche Anmerkung: Für Hörende sind Gerichtstermine schwerer zu verstehen als Elternabende, aber Gehörlose erwarten immer die gleiche Qualität bei der Verdolmetschung. Für uns Dolmetscher ist die Leistung die wir erbringen immer die selbe oder soll ich hier einmal fragen: Für Gericht ein wenig mehr DGS und bei Elternabenden etwas weniger ?

    Das RLP noch gut 50 Dolmetscher gebrauchen könnte liegt an der Infrastruktur und hier ist das Land gefordert.

    Kein Mitarbeiter einer Firma muss sich für sein Gehalt rechtfertigen – warum ich ?? Alle Gehörlose wollten nur noch qualifizierte Dolmetscher um sicher zu sein das die Gebärdensprache richtig übersetzt wird – ich habe auf meine eigenen Kosten alle Ausbildungen und Weiterbildungen durchlaufen um den Anforderungen gerecht zu werden und muss nun feststellen das ich alles nur gemacht habe um beschimpft zu werden.

    Ich halte mich nur an die vorgegebenen Gesetze und finde es schade das man auf dieser Seite mit „Halbwahrheiten“ Stimmung gegen mich und meine Kollegen macht.

    Zum Abschluss: Nein, nicht die Gehörlosen allein sorgten dafür das die Gebärdensprache in Deutschland anerkannt wurde, es waren auch die Dolmetscher ! Und was mich persönlich betrifft: ich helfe allen Gehörlosen bei den Anträgen und ermutige sie ihre Rechte einzufordern.

    Viele Grüße an alle

    Christiane

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.