Predigt
Liebe Schwestern und Brüder, gehörlos und hörend,
liebe kleine und große!
Auch in diesem Jahr hat unsere Gehörlosengemeinde an einem tollen Projekt mitgemacht: beim digitalen Adventskalender von „taub+katholisch“. Mit den Kollegen aus München gestalten wir schon seit einigen Jahren eine gemeinsame Website für den deutschen gebärdensprachlichen Raum – mit Video-Gottesdiensten, Bibeltexten, Gesprächsangeboten und Informationen.
Zuerst gab es den gebärdensprachlichen Adventskalender für jeden Tag – den haben wir dann über Whatsapp verschickt. Dann gab es Ärger mit dem Datenschutz – wir haben alles umgeändert, Telegramm ist auch nicht besser – und jetzt sind wir nur noch auf der Website – und nicht mehr jeden Tag, sondern nur noch an den Sonn- und Feiertagen. Seit Corona lebt und blüht unsere Website – und gebärdensprachliche Menschen aus ganz Deutschland beteiligen sich.
In diesem Jahr heißt das Thema „Begegnungen“. Die Geschichten aus dem Advent und der Weihnachtszeit sind voll Begegnungen – von Menschen untereinander, von Menschen mit Gott – von Gott mit den Menschen. Die Geschichten zeigen: Gott will nicht allein sein. Er hat Freude mit Menschen in Kontakt zu sein – und deshalb schickt er sogar seinen Sohn, damit wir Menschen wirklich erfahren und spüren können, wie Gott ist – und damit Gott sozusagen in der eigenen Haut eines Menschen spürt, was Menschsein heißt.
Es gab sehr unterschiedliche Begegnungen:
freudige Begegnungen und schwierige Begegnungen, Begegnungen, die retten und die verändern, Begegnungen, die überraschen – und Begegnungen, die segnen…. Immer ging es um die Begegnung von Menschen miteinander und um die Begegnung mit Gott.
Heute geht es um schützende Begegnungen. Deshalb haben wir den Hl. Josef mitgebracht. Er kommt eigentlich aus Neuwied, aus der Kirche Heiligkreuz. Zusammen mit Maria und dem Kind steht er das ganze Jahr auf unserem Speicher im Pfarrhaus. In diesem Jahr sind alle drei auf Reisen gegangen: Maria war in Koblenzam 4. Advent – und hat von einer freudigen Begegnung erzählt, das Jesuskind war in Lebach-Eidenborn, am Heiligen Abend – und hat von einer überraschenden Begegnung erzählt… und heute ist Josef hier.
Wenn wir uns die Figur genau anschauen, dann spüren wir, dass sie allein gar keinen Sinn macht. Josef steht da und hat den Arm ausgebreitet – und sein Mantel ist fast wie eine Wand, eine Schutzmauer. Eigentlich macht es nur Sinn, wenn das Jesuskind darunter steht. Denn das ist wichtigste Rolle, die Josef im Leben von Jesus hat: er beschützt.
Wir haben es eben im Evangelium gehört: Die Geschichte der Heiligen Schrift erzählt, dass Jesus von Maria geboren wurde – dass er aber keinen menschlichen Vater hat, sondern Gott. Dabei geht es nicht um Biologie, sondern um Glauben: Jesus ist durch und durch vom Gottesgeist durchdrungen. Er ist so anders als andere Menschen – da kann es nicht sein, dass er einfach das Kind von zwei Menschen ist.
Josef hat aber eine wichtige Rolle im Leben von Jesus: er beschützt.
- Er beschützt Maria – vor den Menschen in ihrem Dorf, vielleicht sogar aus ihrer Familie. Sie werden sie töten, wenn sie erfahren, dass Josef nicht der Vater ist.
- Er beschützt das Kind – vor dem König Herodes: sie fliehen nach Ägypten, als Herodes das Kind töten will.
- Er beschützt seine Familie vor der Armut, als zurück gehen nach Nazareth und als er seinem Beruf als Zimmermann oder Bauschreiner wieder aufnimmt.
Schützende Begegnungen. Wir wissen spätestens seit fast 2 Jahren, wie wichtig es ist, sich vor Corona zu schützen.
- Zuerst einmal die Menschen, die älter und schwach sind, nicht mehr so viel Widerstandskraft haben.
- Es geht darum, die Kinder zu schützen vor einer Ansteckung – das ist die Aufgabe der Erwachsenen.
- Es geht darum, Kinder und Erwachsene vor schlimmen Theorien und Lügen zu schützen, die Menschen von einer Schutzimpfung abhalten – und so das Leben gefährden.
So etwas haben wir vor 2 Jahren noch nicht geahnt,
dass körperliche, physische Nähe so gefährlich sein kann für Menschen.
Es ist eine große Verantwortung füreinander, dass wir uns gegenseitig schützen – Frauen, Männer, Kinder, Junge und Alte.
Und wir mussten in den letzten 10 Jahren lernen, dass viele Kinder und Jugendliche in der Kirche von Priestern und kirchlichen Mitarbeitern missbraucht wurden – und dass der Missbrauch von Verantwortlichen in den Kirchenleitungen, auch von Bischöfen vertuscht wurde.
Seit einigen Jahren gibt es gute Schutzkonzepte für den Umgang miteinander. Jede Pfarrei muss so ein Schutzkonzept entwickeln. Wir müssen und wollen „sichere Orte“ für Kinder, Jugendliche und Schutzbefohlene sein. Dafür ist viel Aufmerksamkeit notwendig, und ständiges Lernen. Schützende Begegnungen.
Liebe Schwestern und Brüder,
Gott schützt uns – damit wir andere schützen können.
Und andere Menschen schützen uns – so können wir sehen, wie Gott mit uns umgeht.
Die Weihnachtsgeschichte kann und muss weitergehen – in unserm Alltag, in den letzten Tages dieses Jahres und im neuen Jahr 2022, wenn der Heilige Josef wieder auf dem Speicher ist.
In einem religiösen Kinderlied heißt es:
Gut, dass wir einander haben,
gut, dass wir einander sehn,
Sorgen, Freuden, Kräfte teilen
und auf einem Wege gehn.
Gut, dass wir nicht uns nur haben,
dass der Kreis sich niemals schließt
und dass Gott, von dem wir reden,
hier in unsrer Mitte ist.
Ich wünsche Euch und uns, dass wir uns in den letzten Tages des alten Jahres und im neuen Jahr viele schützende Begegnungen schenken. Amen.