Bei der letzten Fußwaschungsfeier kam eine Mutter mit ihren beiden erwachsenen Kindern – allerdings etwas zu spät, die Feier ging schon langsam zu Ende.
Nachdem die meisten Teilnehmer schon gegangen waren, kam die Mutter auf Ralf Schmitz zu. „Es tut uns so leid! Wir wollten unbedingt um halb acht hier sein. Wir saßen im Dom und dann ist die Uhr stehen geblieben. Als wir es gemerkt haben, war es schon kurz vor acht! Wir sind dann hierher gelaufen – und kamen zu spät. Mein Sohn muss aber die Füße gewaschen bekommen – können Sie das bitte noch für uns tun?“ Der Akzent der Familie wies Richtung Ostdeutschland. Einerseits waren wir unter Zeitdruck, weil noch einiges in der Kirche für den Abschluss am nächsten Morgen vorzubereiten war. Außerdem war sie nun wirklich zu spät gekommen… Andererseits war es anrührend, dass sie den ganzen Weg vom Dom nach Herz-Jesu auf sich genommen hatten, obwohl es schon viel zu spät war. Sie hätten ja auch schon vor verschlossener Tür stehen können.
Wir erklärten ihnen den Ablauf der Feier – und dass sie sich gegenseitig die Füße waschen, dass man also nicht einfach „die Füße gewaschen bekommt“, sondern das auch selbst tut. Sie berieten sich kurz. „Ja, wir machen das!“ sagten die drei. Nach einem Gebet zog der junge Mann zog Schuhe und Strümpfe aus. „Sie werden gleich sehen, warum er die Fußwaschung braucht!“ sagte die Mutter. Die Füße des jungen Mannes waren von einem starken neurodermitischen Ekzem gezeichnet.
Das hatten wir nicht erwartet. Nach einer Schocksekunde wusch Ralf ihm vorsichtig die Füße und salbte sie mit Öl. Er wusch seiner Schwester die Füße und sie ihrer Mutter. Wir beten gemeinsam, sie bedankten sich gerührt und bewegt – und verschwanden wieder in die Nacht. Das war sicher einer der heiligsten Momente in der Stationskirche.
Jean Vanier schrieb: „Das ist der Auftrag für einen jeden von uns: einander zu dienen in Liebe und Demut.“ Nacktheit berühren.