Diskriminierung von Menschen mit Behinderung auf dem Programm – 35. Filmfestival Max Ophüls Preis in Saarbrücken ab 20. Januar

Vom Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e. V. bekamen wir folgenden Artikel mit Bitte um Veröffentlichung. Das machen wir selbstverständlich gern und schließen uns der Forderung an!

Auch beim 35. Filmfestival Max Ophüls Preis in Saarbrücken, das am Montag, 20. Januar beginnt, steht die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung auf dem Programm. Behindertenverbände und Interessenvertreter bemängeln seit Jahren die fehlende Barrierefreiheit, obwohl diese für die Landeshauptstadt Saarbrücken wichtigste Kulturveranstaltung mit öffentlichen Geldern in Höhe von 419.000 Euro, darunter 90.000 Euro von der Landesregierung, gefördert wird.

Im Koalitionsvertag der saarländischen Landesregierung wurde „die Förderung von Chancengleichheit und dadurch gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen am gesellschaftlichen Leben als Ziel im Sinne der UN- Behindertenrechtskonvention“ vereinbart.
Das bedeutet, dass bei Kulturveranstaltungen wie dem Filmfestival Max Ophüls Preis alle geeigneten Maßnahmen ergriffen werden müssen, um Menschen mit Behinderungen die uneingeschränkte Teilnahme an solchen Veranstaltungen zu ermöglichen.
„Hier werden die Ansprüche und Rechte betroffener Menschen ignoriert“, kritisiert Anita Reichert, stellvertretende Vorsitzende beim Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. (BSK). „Deutschland hat die UN-Behindertenrechtskonvention mit unterzeichnet. Darin ist klar geregelt, dass öffentliche Veranstaltungen wie jetzt in Saarbrücken für alle Menschen mit Behinderung zugänglich sein müssen und sie ungeachtet ihrer Behinderung daran teilhaben können“, betont Anita Reichert.
Zwei der Festivalorte sind wegen Treppenstufen für mobilitätseingeschränkte Menschen, also Rollstuhl- oder Rollatorbenutzer, überhaupt nicht zugänglich. Audiodeskriptionen aller Filme für blinde Menschen und Untertitelung für gehörlose Menschen werden beim 35. Filmfestival Max Ophüls Preis nicht angeboten. In 11 Kinosälen mit insgesamt 2.516 Sitzplätzen stehen nur 12 Plätze für Rollstuhlfahrer zur Verfügung.

Bereits im vergangenen Jahr wurde diese Diskriminierung deutlich: 13 Prozent der Menschen im Saarland sind schwerbehindert. Von den 34.000 Festival-Zuschauern konnten aber lediglich 225 Menschen mit Mobilitätsproblemen am Festival teilhaben. Das entsprach einer Quote von 0,6 Prozent.
Die Forderungen der Behindertenverbände und der Interessenvertreter sind eindeutig: Im Sinne des Artikel 30 der UN-Behindertenrechtskonvention muss bei einer öffentlichen Veranstaltung wie dem Filmfestival Max Ophüls Preis die Teilhabe von Menschen mit Behinderung gewährleistet sein.
Im Klartext heißt das, dass alle Filme als Zulassungsvoraussetzung für eine Wettbewerbsteilnahme mit Untertitelung und Audiodeskriptionen angeboten werden und als Austragungsorte grundsätzlich nur solche Räumlichkeiten in Betracht zu ziehen sind, die Menschen mit Mobilitätseinschränkungen einen stufenlosen Zugang bieten sowie großzügige Stellplatzflächen für Rollstuhlbenutzer bieten.

Das Filmfestival Max Ophüls Preis erfüllt diese Ansprüche nicht und diskriminiert weiterhin Menschen mit Behinderung.

Beste Grüße!

Peter Reichert
Pressesprecher
Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V.
Altkrautheimer Straße 20
74238 Krautheim
Tel.: 06294-4281-25
Fax: 06294-4281-29
www.bsk-ev.org

Infos dazu auf Kobinet

Anmerkung: Der Namensgeber des Festivals Max Ophüls war Jude. Er hat selbst erlebt, was Ausgrenzung („Exklusion“) bedeutet. Es ist traurig, dass ein Festival in seinem Namen einen Preis vergibt – und Menschen mit besonderem Assistenzbedarf ausgrenzt!

Max Ophüls (er nahm diesen Künstlernamen 1920 an) wurde in Saarbrücken als Sohn des jüdischen Textilkaufmanns Leopold Oppenheimer und dessen Frau Helene geboren. Sein Geburtshaus in der Försterstraße im Nauwieser Viertel in Saarbrücken steht dort noch heute. Zunächst schlug Ophüls eine Laufbahn als Schauspieler ein. Ab 1925 arbeitete Ophüls zusätzlich für den Rundfunk. Außerdem war er 1925–1926 als Schauspieler am Wiener Burgtheater engagiert, führte Regie am Akademietheater und war Bühnenbildner. 

Kurz nach der Premiere seiner vierten Inszenierung wurde Ophüls 1926 im Zuge des aufkommenden Antisemitismus gekündigt. Von 1928 bis 1930 arbeitete er als Regisseur in Breslau, dann kam er nach Berlin. 1931 drehte Ophüls seinen ersten Film Dann schon lieber Lebertran nach einer Originalgeschichte von Erich Kästner.
Der Machtantritt der Nationalsozialisten machte es Ophüls unmöglich, in Deutschland weiter zu arbeiten. Er verließ Berlin kurz nach dem Reichstagsbrand am 28. Februar 1933 und ging mit seiner Familie nach Paris. 1938 wurde Max Ophüls französischer Staatsbürger, 1942 floh er nach Amerika. 1949 kehrte er von Los Angeles wieder nach Paris zurück. Er starb 1957 in Hamburg an einer Herzerkrankung. (http://de.wikipedia.org/wiki/Max_Oph%C3%BCls, gekürzt)

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